
Repression
Wenn der Staat seine Bürger*innen unterdrückt
Was heißt „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“?
Das Grundmerkmal jeder Demokratie besagt: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“
Mit diesen Satz beginnt der Artikel 20 des Grundgesetzes, der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Dort wird weiter festgelegt: Die Staatsgewalt wird von den Bürger*innen in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt und von Polizei (und weiteren Ordnungskräften), Verwaltung und Gerichten vollzogen.
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Einleitung zum Thema: Was ist die Absicht hinter der vorliegenden Gestaltung zum Themenbereich „Auf Dauer in einer Diktatur nicht aushaltbar: Repressionen“?
In allen Demokratien, gerade auch in Deutschland, fallen die zunehmenden Tendenzen der „Delegitimierung des [demokratischen] Staates“ auf, also des Versuchs von rechts und links und zunehmend auch aus der politischen Mitte, das Vertrauen in das staatliche System „Demokratie“ zu erschüttern und dessen Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen.
Die Einleitung gibt grundlegende Informationen, die es dem Einzelnen ermöglichen sollen, sich eigene Urteile zu bilden. Konkret geht es um die Unterscheidung zwischen: a) Missbrauch von Staatsmacht in Demokratien und den dort bestehenden Möglichkeiten darauf zu reagieren und b) Repressionen durch den Staat sowie seine Organe bzw. von ihm gesteuerte Organisationen.
Zur Sektion: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Was heißt das?
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Was dieser Satz konkret bedeutet, steht hier im Zentrum: a) freie Wahlen und b) die Kontrolle des Vollzugs der Staatsgewalt durch die Polizei (und weitere Ordnungskräfte), die Verwaltung und die Gerichte.
Deshalb werden auf der Materialspalte zum einen die Pflichten der gewählten Abgeordneten plakativ zusammengestellt und das für Demokratie zentrale Demonstrationsrecht betont, zum anderen ebenso aber auch die Grenze des Demonstrationsrechts aufgezeigt, wenn das Ziel der Demonstration die De-Legitimation der Staatsform Demokratie, welche dieses Recht erst sicher stellt, ist.
Auf dem rechten Auge blind?
Spät als Bedrohung erkannt: der neue Rechtsextremismus in Deutschland – und nun?
Gewaltmonopol des Staates – was ist damit gemeint?
Das Gewaltmonopol des Staates besagt, dass nur der Staat oder seine autorisierten Vertreter rechtmäßige Gewalt ausüben dürfen. Das Ziel muss dabei immer sein, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und die Bürger*innen zu schützen. Dem oder der Einzelnen ist es verboten, eigene Ansprüche selbst gewaltsam durchzusetzen.
Die Ausübung staatlicher Macht ist in demokratischen Staaten an „Recht und Gesetz“ gebunden. Das heißt z.B., dass polizeiliches Handeln nicht unverhältnismäßig, willkürlich oder menschenrechtswidrig sein darf. Es bedeutet auch, dass Demokratien versuchen müssen, Verstöße von Ordnungskräften gegen geltende Gesetze von vornherein zu vermeiden. Wenn Verstöße erfolgen, muss es Bürger*innen möglich sein, Anklage zu erheben und eine Strafverfolgung einzuleiten. An Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Polizeigewalt gibt es in vielen Ländern Kritik. In einem Rechtsstaat muss die Kritik Konsequenzen haben.
„Was bleibt, ist die Diskussion um Polizeigewalt und darum, wie weit Protest gehen darf.“
https://www.deutschlandfunk.de/luetzerath-braunkohle-rwe-raeumung-100.html
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Gewaltmonopol des Staates – was ist damit gemeint?
In dieser Sektion stehen im Zentrum: a) Die Bindung der Ausübung staatlicher Macht in demokratischen Staaten an Recht und Gesetz als das zentrale Kriterium, nach welchem Rechtmäßigkeit und Unrechtmäßigkeit abgewogen wird, und b) die Pflicht demokratischer Staaten, Verstöße vorzubeugen und die Möglichkeiten jedes/r Bürger*in, erfolgten Missbrauch von Staatsgewalt strafrechtlich verfolgen zu lassen.
Auf der Materialspalte wird explizit angesprochen, dass es auch in Demokratien zu missbräuchlichen Machtausübungen durch Träger der Staatsgewalt kommen kann. In diesen Fällen funktioniert die Umsetzung der Verpflichtung, „Recht und Gesetz“ über jede Form des staatlichen Gewaltmonopols walten zu lassen, nicht. Wichtig ist, dass bei missbrächliche Machtausübungen in Demokratien jede/r einzelne Bürger*in, die Möglichkeit hat, sich gegen Formen des Machtmissbrauchs mit den Mitteln des Rechtsstaats zu wehren.
Links zum Thema
Weiter Materialien zur NSU
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund#/media/Datei:Halitplatz_Kassel_Stele.jpg;
dort u.a. Gedenksteine an den Orten der NSU-Morde mit den Inschriften, die an allen Orten gleich sind.
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/nsu-komplex-2023/539783/was-wir-wissen-was-wir-nicht-wissen
Offene Fragen rund um den Rechtsterrorismus des NSU 2023:
https://www.exc16.uni-konstanz.de/seibel-nsu-rasssismus-behoerden.html
Warum schlug die Fahndung nach den NSU-Mördern fehl: struktureller Rassismus oder normales Organisationsversagen? Kurzfassung der Analyse des Konstanzer Politikprofessors Wolfgang Seibel
https://www.blaetter.de/ausgabe/2019/august/rechter-terror-oder-die-doppelte-vertuschung
Linke Sicht auf den Umgang mit Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik
Wenn ein Staat seine Bürger*innen unterdrückt: Was unterscheidet Demokratien und Diktaturen?
Wenn ein Staat seine Bürger*innen gezielt und systematisch unterdrückt, hat das nichts mit dem gesetzlich geregelten staatlichen Gewaltmonopol zu tun, nichts mit Verstößen einzelner Ordnungskräfte gegen Recht und Gesetz, auch nicht mit systematischen Schwächen wie der strukturellen Diskriminierung.
Die Anwendung von Gewalt durch Staatsorgane nennt man Repression. Sie zielt darauf ab, die herrschende gesellschaftliche Ordnung gegen tatsächliche oder vermeintliche Bedrohungen zu schützen und die bestehenden Machtverhältnisse mit allen Mitteln zu bewahren.
Dabei setzt der Staat gezielt Polizei, Geheimdienste, Militär und andere Personengruppen ein. Die Repressionen können öffentlich, halböffentlich oder geheim erfolgen. Es können Waffen oder körperliche Gewalt eingesetzt werden oder andere Unterdrückungsinstrumente, die abschreckend wirken sollen. Diese sind oft subtiler und schwerer zu erkennen als offene, gewaltsame Unterdrückung. Dazu zählen Maßnahmen wie Verhöre, politische Justiz, aber auch Überwachung und Kontrolle, Einschüchterung und Bedrohung, Diskriminierung und Stigmatisierung, Einschränkung von Menschenrechten wie der Meinungs- oder der Versammlungsfreiheit. Die Repressionsmaßnahmen können einzeln oder in Kombination eingesetzt werden.
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Wenn der Staat selbst seine Bürger*innen unterdrückt: Was unterscheidet Demokratien und Diktaturen?
Den zuvor in der Sektion „Gewaltmonopol des Staates“ exemplarisch aufgezeigten Grenzen von „Recht und Gesetz“ soll nun der bewusste Einsatz von Repressionen durch Staaten sowohl generell als auch an Beispielen gegenübergestellt werden.
Politische Repression ist kein rein historisches Phänomen. Auch heute finden täglich weltweit unzählige repressive Maßnahmen statt.
Schild und Schwert der Partei. Die Stasi als Repressionsapparat
Wie jede Diktatur arbeitete auch die SED-Diktatur in der DDR mit staatlichen Repressionen. Alle illegalen Formen staatlicher Machtausübung waren letztlich von der SED gedeckt. „Haupt-zuständig“ für die staatlich-politische Repression, Einschüchterung, Überwachung war die Stasi, als „Schild und Schwert der Partei“. „Mit-zuständig“ für Repressionen, insbesondere für die weichen Formen der Repression, waren aber alle staatlichen Organe, angefangen von Polizei, Zoll oder Militär und den Strafvollzug über die von der SED abhängigen Massenorganisation bis zur Verwaltung. An fast allen dieser Ebenen war die Stasi zusätzlich beteiligt.
Die Stasi konnte für Repression, Einschüchterung und Überwachung auf einen umfangreichen Apparat zurückgreifen, der aus offiziellen Angestellten und informellen Mitarbeiter*innen (IMs) bestand. 1989 gehörten der Stasi vermutlich etwa 90.000 hauptamtliche und beinahe 200.000 inoffizielle Mitarbeiter*innen an.
Historischer Kontext
Die Staatssicherheit war ein politisches Werkzeug der SED-Diktatur. Ihr wichtigster Zweck für die SED war es die Bevölkerung der DDR unter Kontrolle zu halten. Dafür war jedes Mittel Recht.
Im Rahmen der staatlichen Repression in der DDR spielt die Stasi deshalb eine wichtige Rolle. Sie organisierte sogenannte „Maßnahmen“, um möglichen Widerstand im Keim zu ersticken, gab Anweisungen an die Justiz und die Polizei. Die Stasi war das ausführende Organ der SED-Diktatur und war deshalb immer auch an die SED gebunden. Der politische Wille hinter den Taten der Stasi-Agenten war die Führung der SED und deren Parteivorsitzende. (Walter Ulbricht 1949-1971; Erich Honecker 1971-1989; Egon Krenz 1989)
Mehr Informationen und weiterführende Links zum Thema Stasi gibt es hier im Kurzdossier.
Freikauf politischer Gefangener durch die Bundesrepublik
„Von 1963 bis zum Ende der DDR wurden etwa 33.000 Häftlinge aus den Gefängnissen der DDR durch die Bundesrepublik freigekauft. Ein Geschäft, das beiden Seiten nutzte. Die einen verdienten, die anderen machten die Mauer durchlässig.
[…]
Die Bundesregierung erstellte Listen mit Namen von politisch Inhaftierten, von denen sie durch Freunde oder Verwandte Kenntnis bekommen hatte. Die Listen reichte sie an den DDR-Anwalt Wolfgang Vogel weiter. Er gab diese an die Staatssicherheit. Dort wurden die Listen geprüft und dann wurde diese Liste mit Kommentaren an den Westen zurückgereicht und man konnte sehen, welche Häftlinge die DDR bereit war, zu entlassen und welche nicht.„
Susann Reich; Wie viel ist ein Mensch wert? Über den Geldfluss für Häftlinge aus der DDR; https://www.mdr.de/geschichte/ddr/mauer-grenze/ddr-haeftlinge-freikauf-politische-fluechtlinge-brd-102.html
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Schild und Schwert der Partei. Die Stasi als Repressionsapparat
In dieser Sektion fällt der Blick wieder auf die DDR. In der DDR übernahm die „Aufgaben“ der Repression, Einschüchterung, Überwachung vorrangig die von der SED legitimierten Stasi. Dabei darf auch die Beteiligung an Repression, Einschüchterung, Überwachung anderer staatlicher Organisationen (angefangen von Polizei, Zoll oder Militär und den Strafvollzug über die von der SED abhängigen Massenorganisation zur Verwaltung) nicht übersehen werden. Des Weiteren wird in diesem Unterkapitel betont, dass in diesen verschiedenen staatlichen Organisationen wiederum die Stasi mit Offiziellen und Inoffiziellen Mitarbeitern involviert war.
Wir haben für Dich aufgrund deines Profils einen geführten Durchgang durch das Thema „Repression – auf Dauer nicht aushaltbar“ vorbereitet. Wenn dich zusätzlich noch ein anderes Kapitel interessiert, klick es an!
Am Ende solltest du dich mit dem Abschlusskapitel befassen.
Dort bekommst du nicht nur eine kurze Zusammenfassung zu Repressionen in der DDR.
Du erfährst auch, wie Menschen, für die die Repressionsmaßnahmen ihres Staates nicht mehr aushaltbar waren, zu „Motoren der Veränderung“ wurden. Wir stellen Dir dazu das Beispiel der BLUES-Messen in einer Berliner Kirche vor.
Dass es Dir nützt, Dich mit Repression in einer Diktatur auseinandergesetzt zu haben, verdeutlichen wir zum Schluss am „Heißen Thema“ Polizeigewalt bei uns in Deutschland.
Sei gespannt!