
Begrenzte Freizügigkeit
Einsperren! – als Maßnahme gegen ausrei(s/ß)en
Mauer als Lösung
Wie kann ein Land auf die Idee kommen, seine Bürger*innen einzusperren?
Zwischen der Gründung der DDR 1949 und dem Mauerbau 1961 haben fast 3 Millionen Menschen das Land in Richtung Westen verlassen. Das war ca. ein Sechstel der Bevölkerung. Die Motive der Menschen für das Verlassen der DDR waren vielfältig:
- politisch (wie der Aufbau einer Partei-Diktatur mit dem Wandel hin zu Sozialismus und Planwirtschaft, politische Verfolgung),
- wirtschaftlich (wie Versorgungskrisen oder die zunehmende Attraktivität des „Wirtschaftswunderlands“ Bundesrepublik),
- persönlich (wie die geringeren Zukunftschancen im Vergleich zum Westen)
Vor allem junge, gut ausgebildete Menschen verließen die DDR. Dies gefährdete den Aufbau des sozialistisch-planwirtschaftlichen Staats. Die SED-Führung reagierte auf die Fluchtbewegung von Millionen ihrer Bürger*innen mit verschiedenen Maßnahmen. Dabei gab es keinerlei rechtsstaatlichen Schutz für die Menschen. Letztlich entschied der SED-Staat sich dafür, die Bevölkerung im eigenen Land einzusperren und jegliche Flucht mit drastischen Maßnahmen zu verhindern.
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Wie kann ein Land auf die Idee kommen, seine Bürger*innen einzusperren?
Den Ausgangspunkt der ersten Sektion bilden Fakten zum Fluchtgeschehen aus der DDR, einschließlich der Tatsache, dass v.a. junge, gut ausgebildete Menschen flohen. Um den Aufbau des „neuen Staatswesen“ nicht zu gefährden, sah die DDR sich gezwungen, Maßnahmen gegen Flucht zu unternehmen. Sie tat dies aber ohne jeden rechtsstaatlichen Schutz für Menschen, die fliehen wollten bzw. bei der Flucht erwischt wurden.
In der Materialspalte findet sich ein Säulendiagramm, das die Anzahl der Fluchten bis 1961 graphisch darstellt. Es zeigt, dass die Maßnahmen bis zum Mauerbau kaum nachhaltige Wirkung zeigten. Nach den Mauerbau und der weiteren Verstärkungen der innerndeutschen Grenze gehen die Zahlen auf nahezu 0 zurück.
a) Die zwei Deutschland und die geteilte Stadt Berlin
b) Grenzgänger
c) Der Mauerbau:
Die Abriegelung der DDR vom Westen wird komplettiert.
b) Der Mauerbau:
Die Abriegelung der DDR vom Westen wird komplettiert.
d) Warum schwieg der Westen zum Mauerbau?
Schlupfloch Berlin – was heißt das?
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt. Jede Zone übernahm das politisch-wirtschaftliche System des jeweiligen Siegerlandes bzw. der jeweiligen Besatzungsmacht. In den westlichen Zonen, unter amerikanischer, britischer und französischer Besatzung, waren dies Demokratie und Marktwirtschaft. In der sowjetischen Zone wurde ein System des Sozialismus und der Planwirtschaft eingeführt, begleitet von einer Parteidiktatur (der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands) mit einer starken Geheimpolizei. Berlin, die ehemalige Hauptstadt Deutschlands, lag in der sowjetischen Zone, war aber in vier Sektoren, drei westliche und einen östlichen, geteilt.
Drei bzw. vier Jahre nach Kriegsende entstanden die dem westlichen System zugehörige Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die dem östlichen System zugehörige Deutsche Demokratische Republik (DDR). Berlin blieb „geteilte Stadt“.
Der SED-Staat reagierte auf die Fluchtbewegung in den Westen, indem er ab 1952 den Aufbau einer starken Grenzbefestigung begann und ab 1957 die sogenannte Republikflucht unter Strafe stellte. Es wurde versucht, ein Feindbild des „anderen“ Deutschlands zu etablieren.
Nur über die geteilte Stadt Berlin konnten DDR-Bürger*innen ab 1952 noch relativ unbehelligt in den Westen gelangen. Um das Ankommen im Westen zu organisieren, wurde dort das so genannte „Notaufnahmelager Marienfelde“ eingerichtet. Das „Schlupfloch Berlin“ schloss die DDR, indem sie am 13. August 1961 begann, die DDR von West-Berlin abzuriegeln, zuerst durch Stacheldraht, dann, innerhalb kürzester Zeit, durch eine Mauer.
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Schlupfloch Berlin – was heißt das?
Die Sektion beginnt mit einer knappen historischen Einordnung der Teilung Deutschlands und Berlins als Systemfrage. Sodann wird der Beginn der Grenzbefestigungen gegen Flucht in den Westen (1952) in größere Kontexte verortet (u.a. Konsolidierung des Westens, Gründung der NATO). Das „Schlupfloch Berlin“ verbleibt als einziger, weitgehend gefahrloser Weg in den Westen. Der Mauerbau verschließt die Fluchtmöglichkeit 1961.
Die Materialspalte ist in zwei Blöcke unterteilt:
Materialblock eins:
- Karte, die die Teilungssituation darstellt;
- Beispiel für eine Grenzschild, das in Berlin auf die Besatzungszoneneinteilung hinweist;
- Ausschnitt aus einer Dokumentation zu Grenzgängern.
Materialblock 2: Die „Abriegelung“ der DDR gegenüber West-Berlin wird in drei zeitgenössischen Fotographien dargestellt.
Links zum Thema
https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-gruenderjahre/mauerbau/zweite-berlin-krise.html
Prägnante Darstellung Zweite Berlinkrise, Fokus Politik
https://www.chronik-der-mauer.de/chronik/#anchornid171719
Tag für Tag: Ereignisse im Kontext „Berliner Mauer“ und Materialien dazu
https://www.alliiertenmuseum.de/thema/die-zweite-berlin-krise-1958-bis-1962/
Website des Alliiertenmuseums, Informationen und Materialien
Ankommen im Notaufnahmelager Marienfelde
Was war das „Notaufnahmelager Marienfelde“?
Als Folge des „Grenzsicherungsbeschlusses“ von 1952 wurden die Fluchtwege über die innerdeutsche Grenze und die Grenze zwischen der DDR und West-Berlin zunehmend versperrt. Die meisten Fluchtbewegung liefen damit über das „Schlupfloch Berlin“. Deshalb wurde noch 1952 beschlossen, in Berlin Marienfelde ein zentrales Notaufnahmelager mit 15 Wohnblöcken für vorerst 2000 Flüchtlinge zu errichten, mit S-Bahn-Anbindung für die aus Ostberlin kommenden Geflüchteten und gelegen in der Nähe des Flughafens Tempelhof, um den Großteil der Flüchtlinge nach ihrer Registrierung in die Bundesrepublik auszufliegen. Auch wenn für DDR-Bürger*innen die deutsche Staatsbürgerschaft galt, mussten sie ein vielgliedriges Aufnahmeverfahren durchlaufen, bei dem sie u.a. Gründe für ihren Weggang aus der DDR angeben mussten.
Einen ersten Höhepunkt an Flüchtlingen erlebte das Notaufnahmelager gleich nach der Eröffnung im Sommer 1953, aufgrund der Flüchtlingswelle nach der blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes gegen den SED-Staat. Am 20. September 1956 wurde offiziell der einmillionste Flüchtling im Lager aufgenommen.
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Was war das „Notaufnahmelager Marienfelde“?
In dieser Sektion soll gezeigt werden, dass die vielen Fluchten aus der DDR über Westberlin ein Organisation dieser notwendig machen. Dazu erfolgt eine kurze Beschreibung des West-Berliner Notaufnahmelagers Marienfelde, einschließich der Überlegungen zur der Lage einer solchen Einrichtung (an der S-Bahn, um für DDR Flüchtlinge sofort erreichbar zu sein, in der Nähe eines Flughafens, um den Ausflug zahlreicher Flüchtlinge in die Bundesländer der BRD zu ermöglichen). Es wird auch auf die gesamtdeutsche Staatsbürgerschaft als Faktor, der das Ankommen in der BRD erleichterte, und auf große Fluchtwellen, die zu organisieren waren, (u.a. 1953, 1961) verwiesen.
Die Materialspalte dient zur Konkretisierung und Vertiefung:
- Fotos und Texte aus Marienfelde: zu den Jahren 1953-61;
- Auszüge aus dem Video 70 Jahre Notaufnahmelager Marienfelde;
- 2-3 Zeitzeugenberichte zu Marienfelde aus unterschiedlichen Phasen.
a) Der Ausbau der innerdeutschen Befestigungsanlagen:
b) Schließung des Schlupflochs Berlin:
c) Info-Videos:
b) Info-Videos:
Eskalationsspirale: Die Grenze immer unüberwindlicher machen
Im Laufe der Zeit, oft als Reaktion auf gelungene Fluchten, wurden die Grenzsperranlagen immer weiter ausgebaut. Ziel war es, die Flucht aus der DDR immer effektiver zu verhindern. Dieses Ziel wurde seit 1952 an der innerdeutschen Grenze verfolgt, und ab 1961 an der Berliner Mauer.
Die Ergänzungen und Erweiterungen der Sperranlagen richteten sich nur nach innen, gegen die eigene Bevölkerung. Der Schutz vor illegaler Einreise in die DDR war nie das eigentliche Ziel, auch wenn die Bezeichnung „Antifaschistischer Schutzwall“ für die Mauer das suggerieren sollte.
Links zum Thema
Gedenkstätten
In Mödlareuth gelingt 1973 eine Flucht über die Mauer im Ort. Der Fahrer eines Kleintransporters war mit seinem Wagen direkt an die Mauer herangefahren und mit einer Leiter vom Dach seines Fahrzeugs über die Grenze geklettert.
Um eine solche Flucht in Zukunft zu verhindern, wurden die Grenzanlagen in Mödlareuth ausgebaut. Ein neuer zusätzlicher Zaun hinter der Mauer sollte eine Annäherung verhindern. Man konnte dann die Mauer selbst nicht mehr mit einem Fahrzeug erreichen.
Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Grenzanlagen auch im Kleinen über die Jahre und mit zunehmender Erfahrung der Grenzkommandos immer weiter verschärft und ergänzt wurden, um den Fluchtschutz noch perfekter zu machen. Dabei darf nicht übersehen werden, worum es hier ging. Die eigene Bevölkerung immer besser einzusperren und an der Flucht zu hindern.
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Eskalationsspirale
Diese Sektion zeigt, wie die Grenze zum Westen schrittweise immer undurchlässiger und besser abgeschirmt wurde.
Die Materialspalte enthält:
- einige Fotographien zum Ausbau der innerdeutsche Grenze am Bsp. Mödlareuths;
- eine Fotographie der bekannten Grenzwaffe Kalaschnikow, die beinahe symbolisch für die innerdeutsche Grenze steht;
- drei unterschiedliche Videos zu Grenzbefestigungen mit dem Schwerpunkt Mauer: Eingemauert (Deutsche Welle), MR Wissen2Go, Faktencheck zur Mauer Terra X.
Tod an der Grenze
Die Tatsache, dass das Grenzregime für den Tod hunderter Menschen verantwortlich war, ist angesichts der Sperrmaßnahmen nicht überraschend. Obwohl es intensive Forschungen zu den Grenztoten gibt, ist die Gesamtzahl der Opfer umstritten. An der Berliner Mauer sind ziemlich sicher 140 Tote nachzuweisen, in Berlin sind vor dem Mauerbau wohl 39 Grenztoten zu beklagen. Wie viele Opfer an der innerdeutschen Grenze ums Leben kamen, wie viele Menschen weit weg von der West-Grenze der DDR aufgegriffen wurden und z.B. in Haft starben oder bei der Flucht über Drittstaaten umkamen, ist jedoch noch weitgehend unklar. Umstritten ist auch, wie Suizide, Herzanfall bei Kontrollen, tödliche Schusswaffenunfälle bei den Grenztruppen als Todesursachen im Zusammenhang mit der versuchten Flucht aus der DDR zu behandeln sind. Vielleicht, so eine Position, sollte sogar eine Gewaltgeschichte des Kalten Kriegs den Rahmen darstellen (Vgl. https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/313950/die-todesopfer-des-ddr-grenzregimes-ihre-aufarbeitung-und-die-erinnerungskultur/).
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Tod an der Grenze
In dieser Sektion geht es weniger um konkrete Zahlen, sondern um die Tatsache, dass tausende Menschen durch die DDR Grenzpolitik ums Leben kamen.
In der Materialspalte werden drei recht unterschiedliche Fälle aufgegriffen:
- Die Mauertoten, an die in der Mauergedenkstätte Berliner Mauer/Bernauer Straße, im Fenster des Gedächtnis, erinnert wird.
- Der Fall „Gartenschläger,“ der von der Stasi erschossen wurde, als er vom Westen aus eine Selbstschussanlage abbaute.
- Der Bericht eines DDR-Grenzsoldaten über seine Flucht.
Grenzsicherung weit vor der Sperrzone
Die Verhinderung der „Republikflucht“ machte einen Hauptteil der Stasi-Tätigkeit aus. Mit dem Vorwurf der geplanten Republikflucht wurden zahlreiche DDR-Bürger*innen inhaftiert. Dabei kamen auch die Transportpolizei, eine Gruppierung der Volkspolizei, aber auch zivile Helfer*innen zum Einsatz. Durch diese umfassende Überwachung wurden viele angeblich Fluchtwillige schon weit vor dem eigentlichen Grenzzaun verhaftet.
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Grenzsicherung weit vor der Sperrzone
Diese Sektion möchte knapp darüber informieren, dass das Grenzregime, nicht nur im unmittelbaren Grenzbereich tätig ist und dass die frühzeitigen Kontrollen schnell Wirkung erzeugten. Die Zahl der Ausreisenden konnte rapide eingedämmt werden.
In der Materialspalte findet sich ein illustratives Bild eines Grenzpolizisten im Einsatz und ein Experteninterview, das der vertiefenden Erläuterung der Grenzsicherung dient.
Warum gab es auch DDR-Bürger*innen, die den Mauerbau unterstützten?
Für uns heute mag es sehr seltsam erscheinen, aber der Bau der Mauer stieß in der DDR zu Beginn nicht nur auf Widerstand, sondern wurde von einigen DDR-Bürger*innen, insbesondere Intellektuellen, befürwortet. Der Grund hierfür lag darin, dass diese 1961 noch daran glauben wollten, dass die DDR im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland, das „bessere Deutschland“ sei oder zumindest werden könne. Sie dachten z.B. in der Bundesrepublik sei die Entnazifizierung – also die systematische Entfernung überzeugter, hochrangiger Nationalsozialisten aus politischen Ämtern (aber auch aus Universitäten, Schulen, Gerichten usw.) – nicht konsequent betrieben worden. Vor allem aber sei das kapitalistische System, an dem sich die Deutschen im Westen ausrichteten, weniger gerecht und weniger an den Menschen interessiert als das sozialistische System, das im Osten angestrebt wurde. Dass viele junge, gut ausgebildete Menschen in den Westen gingen, musste aus dieser Logik des Denkens heraus also verhindert werden. Außerdem erhofften sich die Befürworter des Mauerbaus mehr Freiheiten im Inneren der DDR, nachdem sich das Land vollständig nach außen abgeschottet hatte.
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Warum gab es auch DDR-Bürger*innen, die den Mauerbau unterstützten?
Diese Sektion möchte die unbekanntere Perspektive der Befürworter*innen der innerdeutschen Grenze aufzeigen und diese argumentativ zu Wort kommen lassen und nachvollziehbar machen.
In der Materialspalte finden sich deshalb zwei Zitate von DDR-Schriftstellern, die den Mauerbau als Chance sahen.
Wir haben eine Auswahl an Kapiteln getroffen, die besonders gut zu deiner Profilauswahl passen, die du am Anfang gemacht hast.
Du kannst jederzeit gerne nach unten scrollen und dir die übrigen Kapitel des Themas ansehen.
Das Abschlusskapitel solltest du aber auf keinen Fall verpassen, weil es die einzelnen Aspekte des Themas noch einmal zusammenfasst.