Repression:

Wie wichtig waren die IMs, also die Spitzel der Stasi, im Repressions-System der DDR?

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Was sind IMs?
Was sind IMs? Mister Wissen2Go erklärt das in seinem Video zur Stasi

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Wer war eigentlich IM? Die IM-Liste aus Halle an der Saale
Ein Beispiel zu der Stasi Einzelakte eines IM
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Was sind IMs? Mister Wissen2Go erklärt das in seinem Video zur Stasi

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Was spricht dafür, dass die IMs der Stasi wichtig für Repression in der DDR waren?

1989, im letzten Jahr der DDR, gab es ungefähr 189.000 IMs. Während der gesamten Existenz der DDR waren ca. 620.000 der rund 17 Millionen DDR-Bürger*innen für einige Jahre als IM tätig. Der Grund für diese hohe Anzahl an Spitzeln war, dass die SED-Führung über alles informiert sein wollte, von dem sie dachte, es könne die eigene Herrschaft gefährden. Der Ausbau des IM-Netzes erfolgte nicht kontinuierlich. Der Überwachungsstaat wurde immer dann in besonderem Maße ausgebaut, wenn die SED ihre Macht in Gefahr sah, in Folge des Volksaufstands am 17. Juni 1953, durch die vielen Menschen, die vor dem Mauerbau in den Westen gingen oder durch die Zunahme oppositioneller Bewegungen in den 1980er Jahren.

Das Ergebnis sollte eine flächendeckende Überwachung potentieller Kritiker*innen und Gegner*innen sein. Zumindest sollten alle das Gefühl haben, bei kritischen Äußerungen überwacht werden zu können. Ein Mittel, um dieses Gefühl aufzubauen war, dass man zwar wusste, dass man potenziell von Spitzeln umgeben war, dass man aber nicht wusste, wer der Stasi als IM zuarbeitete. Überwacht werden konnte man überall – sei es am Arbeitsplatz, bei politischen Veranstaltungen oder in der eigenen Wohnung.
Von irgend jemandem gestreute Verdachtsmomente dafür, dass jemand nicht treu zur DDR stand, konnten jede*n Bürger*in zu einem Ziel der Stasi machen.

Die von den IMs gesammelten Informationen waren eine wichtige Basis für Repressionen gegen die beobachteten und verfolgten Menschen.

Transparenz

In diesem Kapitel soll geklärt werden, wer die IMs waren und was ihre Aufgabe war. Außerdem wird ihr Stellenwert für den Machterhalt der SED betrachtet. Haben die Personen Recht, die sagen, die IMs waren sogar das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR?

Was spricht dafür, dass die IMs der Stasi wichtig für Repression in der DDR waren?

Die Sektion setzt voraus, dass „Stasi“ als „Schild und Schwert“ der Partei bereits eingeführt ist. (vgl. Kurzdossier Stasi und das Teilkapitel Staatsgewalt unter den Themenbereich Repression).

Die Sektion konzentriert sich darauf, dass die IMs ein zentraler Faktor für die Klassifizierung der DDR als „Überwachungsstaat“ sind. Zudem wird betont, wie wichtig es für den SED-Staat war, dass die Bürger*innen davon ausgingen, dass die Überwachung funktionierte und letztendlich jeden bedrohte, auch einen selbst. Paranoia und Angst als Kitt der SED-Diktatur sollen bewusst gemacht werden.

Die Materialspalte verdeutlicht die Definition und Rolle von IMs, wahlweise über eine Definition der MFS-Lexikon oder einen Auszug aus dem Erklärvideo Stasi des Mister2GO, Mirko Drotschmann. Vertiefend wird eine Information über den Disput zur Veröffentlichung von IM-Klarnamen 1992 in Halle angeboten. 

Zeitzeug*innen erinnern sich

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Unter den öffentlich zugänglichen Zeitzeug*innen-Interviews

„… Ich dachte, oh, das ist es jetzt, wovon du immer geträumt hast. Das war etwas, was ich nie zu hoffen gewagt hatte, dass ich irgendwann so an ganz vorderster Stelle vielleicht irgendwann etwas mittun könnte für die DDR.“

Ungetrübt ist die Erinnerung einer heute Fünfzigjährigen an ihre erste Reaktion auf das Ansinnen der Staatssicherheit, sie für eine inoffizielle Mitarbeit zu gewinnen. Als überzeugte Verfechterin des real existierenden Sozialismus der DDR fühlte sie sich geehrt, auserwählt und leistete dem MfS dann auch zehn Jahre lang treue Dienste – sie wurde Mitarbeiterin des Auslandsgeheimdienstes HVA. Bis heute verheimlicht sie selbst ihren Kindern ihre einstige Nebentätigkeit, bis heute kultiviert sie ein idealisiertes Bild der DDR, und bis heute rechtfertigt sie ihr eigenes Tun ebenso, wie sie die Unterdrückungsmechanismen der DDR insgesamt verharmlost und sich von der bundesrepublikanischen Gesellschaft missverstanden fühlt.“

Katrin Sass
Werner Stiller
Klaus Jarmatz

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Lothar Wandt
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Wie warb die Stasi IMs an – und warum ließ man sich anwerben?

Die Rekrutierung von IMs lief oft nach folgendem Muster ab: Wenn die Stasi aus einem bestimmten Bereich, z.B. der Jugendkultur oder zur Ausspionierung bestimmter Menschen, zusätzliche Informationen benötigte, wurde versucht, neue IMs anzuwerben, die Zugang zu diesem Bereich hatten. Dazu wurden vorab die vorliegenden Kaderakten der Kandidat*innen gesichtet, „zuverlässige“ Kolleg*innen, Vorgesetzte oder die für das Wohnumfeld zuständigen „Abschnittsbevollmächtigten“ der Volkspolizei befragt sowie die Aktivitäten in Massenorganisationen überprüft. Die politische Überzeugung der Kandidat*innen war ein zentrales Kriterium für die Anwerbung als IM.

Den gesamten Prozess koordinierte der für den IM-Kandidaten/ die Kandidatin vorgesehene Verbindungsoffizier. Er führte auch die so genannten „Kontaktgespräche“. Wer sich anwerben ließ, konnte mit Vorteilen rechnen wie etwa begehrten Lebensmitteln oder Konsumgütern, einemschnelleren Telefonanschluss oder einer besseren Wohnung. Vermutlich konnten die IM-Kandidat*innen andere Dimensionen der Tätigkeit aber weniger abschätzen, z.B., ob es ihnen etwas ausmachen würde, an Repressionen gegen Mitbürger*innen mitzuwirken bzw. sie zu ermöglichen.

Lehnte man Anwerbeversuche ab, wusste man nicht, ob man den Preis beruflicher und gesellschaftlicher Nachteile zahlen musste. Es ist bekannt, dass die Stasi auch versuchte, IM-Kandidat*innen mit kompromittierenden Erkenntnissen über die eigene Person zum Mitmachen zu bewegen oder mit massiven Nachteilen für Familienangehörige oder Freund*innen drohte.

Ließ man sich als IM verpflichten, suchte man sich einen Decknamen aus, unter dem man zukünftig Spitzelberichte zu unterschreiben hatte.

Transparenz

Wie warb die Stasi informelle Mitarbeiter an und warum ließ man sich anwerben?

Der Anwerbevorgang, Zuständigkeiten und Entscheidungsspielräume werden hier auf eine eher abstrakte Weise vorgestellt. Die Auszüge aus Zeitzeugen-Interviews dienen zur Konkretisierung und schaffen so Spielräume für die eigene individuelle Bewertung.

a) IMs in historischen Dokumenten und Erinnerungen

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Verpflichtungserklärungen
Zur Funktion der Treffen zwischen IMs und deren Führungsoffizieren
Der spätere Stasi-Major Bernd Roth über seine Anfänge als jugendlicher IM

Bei den Treffen sprach man „über Tagesabläufe, über die Schule, die Freizeit und der Führungsoffizier hakte bei Interesse nach. Dabei verfolgte er ein Informationsinteresse, das der IM grundsätzlich nicht nachvollziehen konnte. (…)
Ich war zum Beispiel vom ‚Bazillus‘ der westlichen Trends in Musik und Mode befallen und ärgerte mich permanent darüber, dass die DDR etwas Ähnliches nicht zuwege brachte, also sprach man auch von denen, die das ähnlich sahen und schon lieferte man Informationen, die sich der Führungsoffizier notierte. Ich kann nicht sagen, wie viele Informationen so auf seinen Zettel geraten sind. Ab und an gab es bei darauffolgenden Treffs noch Nachfragen und auch die Aufforderung sich auf den einen oder anderen weiter zu konzentrieren. Wie meine teilweise unspektakulären Einzelinformationen zu einem Gesamtbild beitrugen, erschloss sich mir erst viel später.“

Zersetzung von Jugendgruppen
Beispiel Einzelakte IM
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b) IMs in Film und Fernsehen

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Die IMs der Stasi sind immer wieder Thema in Stasi-Spielfilmen

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Axel Janowitz

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Wer waren die IMs und was taten sie konkret?

IMs kamen aus allen Schichten der Bevölkerung, aus allen Altersgruppen und allen Regionen. Sollten Ärzte ausspioniert werden, waren in den Kliniken oder Arztpraxen Beschäftigte die passenden IMs, also Kolleg*innen, Arzthelfer*innen, Pflegepersonal, Verwaltungsangestellte oder Hausmeister. Sollten Lehrkräfte oder Schüler*innen ausspioniert werden, dann wurde auch versucht, Jugendliche anzuwerben. Als IMs für die Überwachung Oppositioneller, Künstler oder der Kirchen waren andere Personen und andere Wege der Anwerbung notwendig als wenn es um IMs in Dörfern ging, die über den Dorfalltag und Wirtshausgespräche berichten sollten.

Um die Wirksamkeit der IMs zu erhöhen, sollten sich diese zu den gestellten Aufträgen nicht nur in ihren schriftlichen Berichten äußern, sondern auch in den regelmäßig stattfindenden Gesprächen mit ihrem Führungsoffizier. Seine Zusammenfassungen und Interpretationen, die Maßnahmen, die daraus im Ministerium für Staatssicherheit abgeleitet wurden und die Konsequenzen, die sich für die überwachten Personen ergaben, blieben den IMs meist verborgen.

Von IMs wurde auch die Bereitschaft verlangt, staatsfeindliche „Rädelsführer“ aktiv zu bestrafen, also dazu beizutragen, dass sie in Haft kamen oder isoliert wurden. Nicht nur für sie, sondern vor allem auch für die hauptamtlichen Mitarbeiter, galt es als Erfolgs- und damit Karrierekriterium, Ermittlungsverfahren zum „erfolgreichen“ Abschluss zu bringen, also zu Verhaftungen beizutragen oder zu Maßnahmen gegen Oppositionelle, die diese isolierten, desavouierten, eventuell auch dazu brachten, die DDR zu verlassen.

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Wer waren die IMs und was taten sie konkret?

Die letzte Sektion dieses Kapitels setzt die vorhergehende Sektion fort: Nach der Darstellung des Vorgehens bei der Anwerbung wird nun diese Sektion konkreter und fragt nach dem Wer und Was.

Auf der Materialspalte wird weiter konkretisiert durch zwei Zeitzeugenaussage zu IMs im vertrauten Kollegenkreis und der Funktion von Treffen mit den Führungsoffizieren, einer exemplarischen Verpflichtunsgerklärung zum IM und ein Stasi-Bericht über die erfolgreiche Zersetzung der Jugendtruppe „Tramper“ durch IMs. Alle Beispiel zeigen, dass IMs die Möglichkeit boten, Zutritt zu den inneren Vertrautenkreisen der DDR-Bürger*innen in allen Lebensbereichen zu bekommen.

Nächstes Kapitel

Wir empfehlen dir, mit diesem Kapitel weiter zu machen.

Alternativ kannst du weiter unten auch direkt zu einem anderen Kapitel springen, das dich interessiert.

Wir haben für Dich aufgrund deines Profils einen geführten Durchgang durch das Thema „Repression – auf Dauer nicht aushaltbar“ vorbereitet. Wenn dich zusätzlich noch ein anderes Kapitel interessiert, klick es an!

Am Ende solltest du dich mit dem Abschlusskapitel befassen.
Dort bekommst du nicht nur eine kurze Zusammenfassung zu Repressionen in der DDR.
Du erfährst auch, wie Menschen, für die die Repressionsmaßnahmen ihres Staates nicht mehr aushaltbar waren, zu „Motoren der Veränderung“ wurden. Wir stellen Dir dazu das Beispiel der BLUES-Messen in einer Berliner Kirche vor.
Dass es Dir nützt, Dich mit Repression in einer Diktatur auseinandergesetzt zu haben, verdeutlichen wir zum Schluss am „Heißen Thema“ Polizeigewalt bei uns in Deutschland.

Sei gespannt!

Kapitel Repression

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Repression – Abschluss

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